Einsam, aber nicht allein – wie der Glaube hilft, mit Einsamkeit umzugehen

Café +
Donnerstag, 30.10.2014 um 15 Uhr

Thema: Einsam, aber nicht allein – wie der Glaube hilft, mit Einsamkeit umzugehen

Referent: Dr. Stephan Holthaus, Prorektor der FTH und Leiter des Instituts für Ethik & Werte

Es gibt auch wieder eine Kinderbetreuung mit Ruth Robles.

 

Holthaus, Stephan
Dr. Stephan Holthaus, ev. Theologe und Ethiker, verheiratet, zwei Kinder Studium der ev. Theologie in Gießen, Marburg und Leuven (Belgien) 1992 Promotion zum Dr. theol. an der Ev. Theologischen Fakultät in Leuven (Belgien). Redner und Autor vieler Bücher zu ethischen Themen und zur Trendforschung, u.a. der Bestseller „Trends 2000“, „Operation Zukunft“, „Werte: Was Deutschland wirklich braucht“.

 

 

Wieder einmal heißt es: Heute ist „Café+“ und wieder einmal erwartete die Gäste ein reichhaltiges Buffet, besinnliche Musik von Klaus Loh am Clavinova sowie ein Vortrag, der wohl jedem etwas zu sagen hatte.

Die Moderatorin des Nachmittags, Doris Loh, begrüßte die Gäste herzlich und hob eine Gruppe besonders hervor: Aus dem christlichen Seniorenheim in Lützeln waren einige Personen extra angereist und stellvertretend für sie berichtete der dort tätige Seelsorger über dieses Haus.

Nachdem man sich dann am Buffet gestärkt hatte, trat Dr. Stephan Holthaus, Dozent und Prorektor an der „Freien Theologischen Hochschule“ Gießen, ans Mikrofon. Dr. Holthaus ist im Café+ kein Unbekannter mehr, hatte man doch schon mehrfach das Vorrecht, von ihm Vorträge zu hören, wie z.B. zum Thema „Vorbilder“. Dieses Mal ging es darum, wie der Glaube hilft, mit Einsamkeit umzugehen.

Einsamkeit ist nicht eine Frage, wie viele Menschen zusammen sind, sondern Einsamkeit hat damit zu tun, wie es in unserem Herzen aussieht. London beispielsweise, die größte Stadt Europas, ist wahrscheinlich auch die Hauptstadt der Einsamen. Einsamkeit wird von Mensch zu Mensch verschieden wahrgenommen. Während der Eine sich schon einsam fühlt, wenn er einen Tag lang keinen Kontakt nach außen hat, kann ein Anderer zehn Jahre auf einer einsamen Insel verbringen, ohne Einsamkeit zu empfinden.

Wie unterscheidet sich Einsamkeit vom Alleinsein? Es gibt in unserer Gesellschaft 16 Millionen Menschen, die alleine leben, und diese Zahl nimmt jährlich zu. Aber nicht alle, die alleine leben, sind einsam. Andererseits gibt es auch Menschen, die zwar mit anderen zusammen leben, zum Beispiel in der Familie, aber trotzdem einsam sind. Einsamkeit ist das Gefühl, nicht verstanden zu werden, abgelehnt zu werden oder auch die Tatsache, dass man wichtige Dinge seines Leben nicht mit dem Anderen teilen kann.

Es gab noch nie zuvor eine Generation in der Geschichte der Menschheit, die so einsam war wie unsere, obwohl sehr viele Menschen über das Internet mit vielen anderen verbunden sind. Es ist ein Massenphänomen in unserer Zeit geworden. Telefonseelsorger machen die Erfahrung, dass Leute anrufen, einfach, um mal jemanden zum Reden zu haben.

Es gibt verschiedene Gründe, warum Menschen einsam sind:

  • Selbstverschuldet, man vergrault den anderen mit seinen Macken
  • Zu viel Arbeit, keine Zeit für Beziehungen, „Workaholics“
  • Reichtum: man wird ausgenutzt
  • Armut: man wird ausgegrenzt
  • Unvergebene Schuld
  • Bestimmte Berufe (Pastoren, Seelsorger)

Was sagt die Bibel über Einsamkeit? Das Thema wird schon auf der zweiten Seite aufgegriffen, als Adam noch allein war: „Es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei.“ (1.Mose 2,18). So erschuf Gott Eva. Der Mensch ist auf Gemeinschaft hin angelegt, er braucht das Du, um zum wirklichen Ich zu kommen. In der Bibel gibt es viele Begebenheiten, wo Menschen einsam sind: Kain (durch Schuld verursacht), Noah (er war der einzige Gerechte im Land), Mose (weil sein Volk ihm nicht folgen wollte), Jona (selbstverschuldet), Paulus (von allen Mitarbeitern verlassen).

Aber es gibt Einen, der so einsam war wie kein anderer vor und nach ihm: Jesus Christus. Jesus kam als Gott auf diese Welt und die Welt hat ihn abgelehnt! Auch seine Jünger haben ihn nicht wirklich verstanden. In der schlimmsten Stunde seines Lebens, im Garten Gethsemane, wo er ihren Beistand am dringendsten gebraucht hätte, schliefen seine Jünger! Er war mutterseelenallein, als er mit dem Tod rang. Und dann sein Tod am Kreuz: Dies war die einsamste Stunde im Leben Jesu. Er schrie in die Nacht: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ (Mk 15,34). Wenn ein Mensch auf dieser Welt es wirklich erlebt hat, von Menschen verlassen zu sein, dann ist das Jesus! Warum musste selbst Gott Jesus verlassen? In dem Moment, als Gott die Sünden der Menschheit auf Jesus gelegt hatte, musste er sich von Jesus abwenden. Und deswegen kann Jesus uns in unserer Einsamkeit wirklich verstehen und uns heilen.

Zahlreiche Menschen in der Bibel haben eine tiefe Einsamkeit und Gottes Hilfe darin erfahren, beispielsweise Elia oder der Gelähmte am Teich Bethesda, dessen Hauptnot es war, dass er keinen Menschen hatte. Auch in den Psalmen ist Einsamkeit oft ein Thema.

Was tut nun Gott?

  • Er sieht uns.
  • Er spricht zu uns.
  • Er kümmert sich auch um unsere körperlichen Nöte.
  • Er holt uns aus unserer Einsamkeit heraus und öffnet uns die Augen für die Tatsache, dass wir nicht allein sind.

So bewahrt uns der Glaube zwar nicht vor Einsamkeit, aber er hilft uns. Wir dürfen wissen, dass wir nicht allein sind: Gott ist da, sieht uns und möchte uns helfen! Er zeigt uns, dass wir nicht alleine sind. Wir haben Menschen um uns herum und in der Gemeinde, mit denen wir Gemeinschaft haben können. Der Glaube an Christus hilft uns in unserem Leben auch in einsamen Phasen.

Ermutigt durch diesen Vortrag und durch das Wort zum Donnerstag: „Und siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an das Ende der Welt“ (Matthäus 28,20b) konnten die Gäste nun den trüben und vielleicht für manchen auch einsamen Novembertagen getrost entgegensehen.

Am 11. Dezember 2014 heißt es dann: „Lieder und Worte zum Advent“, auf die man sich schon freuen darf.