Geschichte
1910 – 2010
100 Jahre Evanglisch-Freikirchliche Gemeinde
Warum Rückblick?

Vor 100 Jahren wurde unsere Gemeinde gegründet. Wir wollen einen Blick zurück auf diese 100 Jahre werfen – aber bringt es etwas, in die Vergangenheit zu schauen?
Es gibt zwei gegensätzliche Behauptungen:
„Die Vergangenheit bestimmt die Gegenwart“ – „Die Zukunft muss unsere Gegenwart bestimmen“. Welche ist nun richtig?
Die Bibel, dieses schon über 2000 Jahre alte Buch, gibt uns hilfreiche Hinweise, wie wir unser Leben heute im Verhältnis zu unserer Vergangenheit und zu unserer Zukunft effektiv und gewinnbringend gestalten können:
„Lobe den Herrn, meine Seele, und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat“,
so heißt es in Psalm 1 03,2 (und noch an manchen anderen Stellen).
… ist hilfreich, wenn wir die „großen Taten Gottes“ dort suchen. So wie die Eltern im Alten Testament aufgefordert wurden, immer und immer wieder ihren Kindern von den Wundern des allmächtigen Gottes zu erzählen, so sind auch wir aufgefordert, immer und immer wieder von den „großen Taten Gottes“ in unserem Leben zu berichten – und das gilt auch für die Gemeinde.
Interessant ist, dass wir von all den großen Persönlichkeiten der Bibel aus ihrer Kindheit und Jugend kaum etwas oder gar nichts wissen. Die Geschichte Abrahams, dem Stammvater Israels, beginnt mit seiner Berufung durch Gott, als er bereits verheiratet und ein wohlhabender Mann ist.
Welche Erlebnisse wird er in seiner Kindheit, seiner Jugend in einer heidnischen Umgebung und Familie gehabt haben, die ihn geprägt hatten? – Nichts davon spielte jetzt noch eine Rolle, als Gott ihn beauftragte. Von da an zählen nur die „großen Taten Gottes“ in seinem Leben – und das vermittelte Abraham dieses unerschütterliche Vertrauen in diesen Gott, mit dem er mutig und hochmotiviert in seine Zukunft ging.
In Abraham brannte diese Flamme der Begeisterung für einen Gott, dem alle Macht im Himmel und auf Erden gegeben ist, eine Begeisterung für seinen Gott, der ihn, Abraham, haben wollte, und der mit ihm die Welt verändern wollte.
„Tradition ist nicht das Halten der Asche, sondern das Weitergeben der Flamme “!
(Thomas Morus, London, 1478 – 1535)
Auch wir wollen als Gemeinde einen Rückblick halten, bei dem wir die „großen Taten Gottes“ in den vergangenen 100 Jahren aufspüren wollen – damit auch in uns heute diese Flamme der Begeisterung für unseren Herrn und Erlöser Jesus Christus neu angefacht wird und wir in diesem unerschütterlichen Vertrauen in diesen allmächtigen Gott mutig und hochmotiviert in die Zukunft gehen können.
Gott sei Dank – Gott war und Gott ist mit uns!
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1910 – 1930 (Gründung – 1. Weltkrieg)
Die Geschichte der Gemeinde ist die Geschichte von Menschen und ihrem Umfeld, in dem sie lebten – eine Geschichte geprägt von Ereignissen in ihrem persönlichen Leben, in ihrer Familie, aber auch von Ereignissen in der großen Welt – und vor allem geprägt durch das Eingreifen Gottes in ihr Leben und durch die Barmherzigkeit ihres Erlösers und Herrn Jesus Christus, der sie durch alle äußeren Wirren und Umstände getragen, bewahrt und erhalten hat.
Lebensumstände gegen Ende des 19. Jahrhunderts

Die Familie des Gemeindegründers Georg Loh war in Dutenhofen (zwischen Gießen und Wetzlar gelegen) zu Hause. Wegen der vielen Loh’s dort nannte man sie zur Unterscheidung die „Jirjams“.
Johann Georg Loh (geb. 1 842) und seine Frau Elisabeth (geb.
1 843) lebten mit ihren 7 Kindern in sehr ärmlichen Verhältnissen. Später konnte man sich eine Kuh kaufen, und die gewonnene Butter wurde auf dem Wochenmarkt verkauft. Abends gab es meistens Pellkartoffel mit Dickmilch – oder nur mit Salz.
Johann Georg wurde dann Bergmann in einem Eisensteinbergwerk.
Jetzt konnte man ein Schwein füttern. Allerdings mussten Fleisch, Wurst und Speck davon ein ganzes Jahr reichen. So gab es einmal in der Woche etwas Räucherfleisch. Sonntags aß man Hirsebrei, Spinat, Dickwurzelblätter – dazu trockenes Brot.
Die Familie des Gemeindegründers Georg Loh war in Dutenhofen (zwischen Gießen und Wetzlar gelegen) zu Hause. Wegen der vielen Loh’s dort nannte man sie zur Unterscheidung die „Jirjams“.
Johann Georg Loh (geb. 1842) und seine Frau Elisabeth (geb. 1843) lebten mit ihren 7 Kindern in sehr ärmlichen Verhältnissen. Später konnte man sich eine Kuh kaufen, und die gewonnene Butter wurde auf dem Wochenmarkt verkauft. Abends gab es meistens Pellkartoffel mit Dickmilch – oder nur mit Salz.
Die Lebensweise der Eltern verbesserte sich, als die Eisenbahn gebaut wurde. So wurde der Vater schließlich Bahnwärter und bekam ein kleines Gehalt. In den Pausen zwischen den Zügen – es fuhren ja noch sehr wenige – konnte er Körbe flechten. Das brachte einen kleinen Nebenverdienst. Auch zu Hause half man mit, Körbe zu flechten, die die Mutter auf dem Markt verkaufte.
Alle sieben Kinder besuchten nur die Volksschule. Für andere Schulen fehlte das Geld, denn dort musste man Schulgeld bezahlen. Die Söhne lernten einen handwerklichen Beruf, die Töchter waren Mägde, bis sie heirateten.
Unglück oder Segen?
Aber da war Tochter Luise. Mit ihr kam viel Leid in die Familie – aber auch großer Segen. Was war passiert? Eine Fensterscheibe ging zu Bruch und Luise, fünf Jahre alt, bekam Glassplitter ins Auge. Alle erreichbaren Ärzte wurden sofort aufgesucht, aber ihre ärztliche Kunst konnte das Augenlicht von Luise nicht erhalten. Das Auge entzündete sich, die Entzündung griff auch auf das andere Auge über, und mit sieben Jahren war Luise völlig blind.
Zur Schulausbildung musste Luise in die Blindenanstalt nach Düren im Rheinland. Dort wurde sie in allen Schulfächern unterrichtet, lernte die Blindenschrift und konnte mit der Zeit sticken, nähen und flechten. Da es auch Liederbücher in Blindenschrift gab, konnte Luise schließlich viele schöne Lieder aufsagen und singen.
Licht kam in die Dunkelheit ihres Lebens. Ihr inneres Auge erkannte durch das Lesen in der Bibel auch die Liebe Gottes für ihr Leben. Diesem Gott vertraute sie sich an, betete und wurde als erste in der Familie ein Gotteskind. Durch Luise und ihr fröhliches Wesen gab es sogar eine kleine Erweckung in Dutenhofen.
Luise musste erblinden, damit die ganze Familie innerlich sehend wurde.
Im Hause ihres Bruders Friedrich lebte Luise dann, bis sie mit 65 Jahren an Darmkrebs starb.
Luise wurde zum Segen für ihre Familie und ihr Dorf – Gott war mit dieser Familie!

Georg Loh – vom Schreinergesellen zum Unternehmer
Georg Loh, wurde am 07.01 .1 870 als drittes der sieben Kinder in Dutenhofen geboren. Nach der Schulzeit ging Georg mit 1 4 Jahren nach Wuppertal-Elberfeld, um das Schreinerhandwerk zu erlernen. Dort kam er in Kontakt mit der Elberfelder Brüderversammlung und vertraute während dieser Zeit sein Leben Jesus an.
Als Schreinergeselle war er dann tätig in Solingen und Frankfurt, wurde Parkettleger für eine Mainzer Firma, so dass er in ganz Deutschland arbeitete.

Dann musste er zum Militärdienst nach Gießen. Mit seiner Mutter ging er in dieser Zeit öfter nach Reiskirchen in eine Brüderversammlung – das waren etwa 1 1⁄2 Stunden Fußweg.
Dort lernte Georg im Hause des Lehrers Johann dessen Tochter Margarethe kennen und lieben. Nach Beendigung der Militärzeit wurde am 15. Dezember 1 895 Hochzeit gefeiert.
Das junge Paar lebte in Reiskirchen. Georg gründete dort eine eigene Schreinerei und versorgte die kleine Landwirtschaft seiner Schwiegereltern.
Da es in Wetzlar keine vergleichbare „Christliche Versammlung“ gab, begann Georg Loh 1910 in seinem Haus in der Sophienstraße 21 eine Hausversammlung, einen Hauskreis.
1 91 4 brach der 1 . Weltkrieg aus. Obwohl Georg schon 45 Jahre alt und Alleinversorger seiner großen Familie war, wurde er noch eingezogen und musste regelmäßig Wachdienst in einem Gefangenenlager von Russen bei Wetzlar leisten. – Auch die beiden ältesten Söhne mussten noch Soldat werden. – Man kann sich gut vorstellen, dass Georg Loh nach dem Ende des Krieges gedacht hat:
„Gott sei Dank, dass diese Zeit vorbei ist – Gott ist mit uns!“
Im Hause der Familie Loh fanden sonntags die Versammlungsstunden statt. Das Wohnzimmer wurde umgeräumt, so dass 20 Leute Platz fanden.
Irene Gilbert-Loh berichtet über einen solchen Gottesdienst:
„Die Art des Ablaufes eines Gottesdienstes war für mich damals neu. Nach jeder Rede, jedem Lied, jedem Gebet folgten lange Pausen. Mir fiel plötzlich meine Großmutter ein, die von einer solchen Versammlung wusste und sagte: „Alles macht der Heilige Geist, auch die Pausen!“
Margarethe Loh mit Anna, der späteren Frau von Hermann Schulte
Nach meinem ersten Besuch in Wetzlar und dem Erleben eines Gottesdienstes ging mein Mann mit mir spazieren und erklärte mir die Verhaltensweisen dieses Frömmigkeitsstiles. Mehr und mehr lernte ich, dass der Inhalt und nicht die Form der Gottesdienste das Wichtigste ist.
Wo Gott wirkt, erhält man immer einen Segen. Um einen solchen Segen bat ich, und immer habe ich Wesentliches empfangen.“


Nachdem man sich zunächst im Wohnzimmer zu Gottesdiensten und Bibelstunden traf, konnte man später einen größeren Raum in einem der hinteren Gebäude nutzen.
1 926 zog man für drei Jahre in ein Haus
auf der Lahninsel, um dann später Räume in der Bannstraße anzumieten.
Die „Versammlung“ wuchs – viel Grund zur Dankbarkeit und zu der Feststellung:
Gott ist mit uns.

Christen und Juden
Während der Hitlerzeit wurde es für Christen schwierig zu entscheiden, wie man sich in der Zeit des Nationalsozialismus verhalten sollte.
Martha Weiß, die jüngste Schwester von Georg Loh, berichtet:
„Uns war bekannt durch die Bekanntgaben im Radio, dass Hitler die Juden verfolgen wollte. Da wir aber als Christen aus der Bibel wussten, dass Gott sagt: „Wer mein Volk antastet, tastet meinen Augapfel an“, befanden wir uns gegenüber der Obrigkeit in einem Konflikt. Mein Vater und auch meine Brüder waren nicht bereit, in die Partei einzutreten oder in irgendeiner Organisation mitzuarbeiten.
Das war aber für sie leichter möglich, weil sie alle selbständig waren. Viel schwieriger war es ja für Leute, die in Behörden arbeiteten oder für Lehrer.
Dann kam die Progrom Nacht 1938 und daran anschließend holte man auch bei uns in Wetzlar regelmäßig jüdische Männer abends aus ihren Wohnungen und setzte sie fest unter dem Begriff, „sie in Schutzhaft zu nehmen“.
In unserem Bekanntenkreis gab es mehrere Juden, darunter einen Holzgroßhändler, bei dem mein Vater öfter Holz gekauft hatte und dadurch eine geschäftliche Freundschaft entstanden war.
Eines Abends stand dieser Holzhändler mit seinem Vetter vor unserer Wohnungstür und bat, ob sie die Nacht bei uns verbringen könnten, da sie Angst hatten vor einer nochmaligen Abholung durch die SA. Natürlich behielten wir sie für eine Nacht bei uns. Zwei Tage später
stand auch die Frau des Holzhändlers mit ihrem Sohn vor unserer Tür und wollte bei uns für eine Nacht Schutz suchen.
Diese uns bekannten Juden, auch unser Hausarzt, der Jude war, sandten ihre ältesten Söhne damals noch aus Deutschland heraus nach England bzw. Brasilien. Eine Zeit später, als dann noch eine letzte Möglichkeit bestand, Deutschland zu verlassen, konnten beide Familien ihren Söhnen folgen.
Der Holzhändler hat nach dem Kriegsende an seinen ehemaligen Büroangestellten ein Paket mit 10 Pfund Kaffee geschickt von seiner eigenen Plantage, mit der Bitte, auch einen Teil davon an uns abzugeben.“
Der Brief war zu Ende gelesen, wir weinten alle. Erneut wurde uns bewusst, wie schrecklich man Menschen zugesetzt, ja, sie vernichtet hatte, nur weil sie nicht von arischer Rasse waren. Erstaunt und erfreut über das, was mein Schwiegervater gewagt hatte, erfuhren wir, dass er dieses Erleben immer für sich im Herzen verschlossen hatte.
Es gab noch mehr solcher Menschen in Wetzlar, von denen man erst heute weiß, dass sie in gleicher Weise Menschen gerettet haben, so z.B. der LeicaFabrikant Ernst Leitz. Ein von ihm geretteter Rabbiner hat nach vielen Jahren alles ans Licht gebracht.“
Nicht alle Christen haben in dieser Zeit die Kraft gehabt, sich eindeutig auf die Seite Gottes zu stellen und durch ihr Verhalten zu zeigen, dass Jesus Christus wirklich der Herr in ihrem Leben ist. Georg Loh war es von Gott geschenkt worden, sich treu an das zu halten, was ihm aus der Bibel als Wille Gottes bekannt war und er konnte erleben,
dass Gott mit ihm und der Gemeinde war.
Nachdem die Versammlung im Hause Loh größer geworden war, entschloss sich Georg Loh, Räume in der nahe gelegenen Bannstraße anzumieten.
Und ein bewegendes Erlebnis wird von Irene Gilbert-Loh erzählt:
„Mein Schwiegervater hatte — wie ich — am 7. Januar Geburtstag. Bis zu seinem Tode fuhren wir an diesem Tag alle nach Wetzlar. Einen dieser Geburtstage — es war im Jahr 1949 — werde ich immer in Erinnerung behalten. Ein Brief aus Argentinien war gekommen. Er sollte vorgelesen werden. Gespannt hörten wir zu, was geschrieben stand.
Zunächst waren es Worte des Dankes. Doch dann wussten wir plötzlich, um was es ging. Dieser Schreiber war ein Jude und hatte mit seiner Familie in Wetzlar gelebt. Er hatte die Loh’s als gute Christen gekannt, die nichts mit dem damals zunehmenden Judenhass zu tun hatten. Niemand wusste, dass mein Schwiegervater diesen Mann einige Tage in seiner Werkstatt versteckt und ihm zur Flucht verholfen hatte.
Da stand es: „Ich habe großes Heimweh nach Wetzlar, aber ich werde Deutschland nie mehr betreten. Meine ganze Familie hat man umgebracht. Ich bin als einziger noch am Leben. Ihnen, Herr Loh, danke ich noch einmal aufrichtig für Ihre Hilfe, mit der Sie ja auch Ihr Leben riskiert haben.“

Politischer Druck und Krieg
Unter dem starken politischen Druck schlossen sich 1937 die Brüdergemeinden in Deutschland zu dem Bund freikirchlicher Christen zusammen (BfC).
Dabei wurde Hermann Loh, der älteste Sohn von Georg Loh, als „Gemeindeleiter“ registriert. Vier Jahre später ging man noch einen Schritt weiter und gründete zusammen mit den Baptisten und den Elim-Gemeinden den Bund Evangelisch Freikirchlicher Gemeinden, zu dem unsere Gemeinde auch heute noch gehört.

1938 gab es im Hause Loh ein besonderes Ereignis – eine Doppelhochzeit.
Der Sohn Ernst und die Tochter Anna heirateten. Der Mann von Anna hieß Hermann Schulte, der nach dem Krieg dann Leiter der Gemeinde wurde.
Als 1939 der 2. Weltkrieg ausbrach, wurde schon am ersten Tag Hermann Schulte eingezogen. Er kam an die Grenze zu Frankreich ins Saargebiet. Bei dem Einmarsch der Deutschen in Frankreich kam er an die Front. 1941 wurde er verlegt an die Front nach Russland.
Er wurde dort verwundet und kam nach Deutschland zurück ins Lazarett.
Danach kam er wieder an die Front nach Frankreich, wo die Deutschen sich auf dem Rückzug befanden. Dort wurde er wiederum schwer verwundet, kam dann in ein amerikanisches Lazarett, wurde von da nach Marseille transportiert und auf einem Schiff nach Amerika in Gefangenschaft gebracht.
Am 3.7.1 945 schreibt Martha Weiß in ihr Tagebuch:
„Der letzte, der noch fehlt, der uns am ersten Kriegstag verlassen hat, ist Hermann Schulte. Wenn wir auch durch verschiedene Kameraden gehört haben, dass es ihm gut geht in Amerika, so ist es für ihn wohl doch ein bitteres Warten. Wir hoffen doch zu Gott, dass, nachdem fast ein Jahr seit dem Kriegsende vergangen ist, er bald kommen wird”
Im Oktober 1 946 konnte er zurück nach Hause kommen.
Es gab viel Grund, Gott zu danken, dass er in diesen schwierigen Zeiten die Familie und Gemeinde geschützt hat, so dass man dann mit neuer Zuversicht an die Gemeindearbeit gehen konnte.
Gott war mit der Gemeinde!
Während des Krieges wurde 1944 bei einem Luftangriff auf die Industrieanlagen der Firma Buderus auch ein Gebäude auf dem Grundstück Georg Loh zerstört – das eigentliche Wohnhaus und die hinteren Gebäude blieben unbeschädigt, so dass man sich dort zu den Gottesdiensten weiter treffen konnte.
Nach seiner Rückkehr aus der Gefangenschaft übernahm Hermann Schulte die Leitung der Brüdergemeinde, die jetzt den Namen Evangelisch freikirchliche Gemeinde trug, als Nachfolger von Hermann Loh, der zwischenzeitlich nach Burgsolms umgezogen war.
Georg Loh wurde 1950 in die Ewigkeit abberufen.
Unmittelbar nach Ende des Krieges konnte auch das zerstörte Gebäude wieder neu errichtet werden. Hier befand sich dann im Erdgeschoss die Buchhandlung Hermann Schulte – und zunächst ein Lebensmittelgeschäft.
Im hinteren Grundstücksteil wurde dann ein Gebäude mit einem Saal für die Gemeinde im Erdgeschoss errichtet.


In einem weiteren Haus auf diesem Grundstück konnten Gruppenräume für Jugend- und Kinderarbeit genutzt werden.
Die Gemeinde wurde in der Zeit nach dem Krieg geprägt durch viele Gemeindeglieder, die im Raum Wetzlar eine neue Heimat fanden. Damit kamen auch Christen mit ganz anderen geistlichen Hintergründen in die Gemeinde, insbesondere auch aus baptistischen Gemeinden.
Da Hermann Schulte selbst durch viele Kontakte zu anderen Christen, auch über Deutschland hinaus, ein weites Herz hatte, konnte sich die „Versammlung“ zu einer offenen und vorwärts ausgerichteten Gemeinde entwickeln.
Wesentlichen Einfluss auch auf die Gottesdienstgestaltung der Gemeinde hatte die Ende der 50er Jahre einsetzende Eroberung der Musikszene durch das Evangeliumslied. Hermann Schulte begann 1956 mit der Produktion von Schallplatten, mit denen ein „erweckliches“ Liedgut verbreitet wurde.
Unterstützt und beraten wurde er dabei von Johannes Haas, der mit dem Derschlager Jugendsingkreis die ersten Aufnahmen gestaltete. Er suchte und fand auch die ersten Solisten wie z.B. Doris Haas (später Doris Loh), Renate Lüsse und Franz Knies.
Hermann Schulte war ein Pionier, dem Mission außerordentlich stark am Herzen lag. Und so wurde auch die Gemeinde sehr stark von diesem missionarischen Gedanken geprägt.
Nachdem 1959 Hermann Schulte zusammen mit Helmut Gärtner, Anton Schulte, Paul Freed (Trans World Radio) und anderen den Evangeliums- Rundfunk in Wetzlar gegründet hatte, kamen recht häufig auch Redner und Mitarbeiter des ERF in die Gemeinde.
Dies weitete den Horizont und förderte das Verständnis für Christen weltweit und motivierte stark, sich ebenfalls missionarisch einzusetzen – ein Segen Gottes!
Gott war mit uns!


Musikalisch nahm die Entwicklung in den 60er Jahren einen rasanten Verlauf. So war z.B. Margret Birkenfeld ab 1961 im Verlag Schulte tätig – und brachte ihre Gaben als Musikerin auch stark in die Gemeinde ein. In ihrem Spatzenchor, ihrem Kinderchor und später dem Wetzlarer Jugendchor sangen viele junge Leute aus der Gemeinde mit und erhielten dadurch nicht nur eine fundierte musikalische Ausbildung, sondern auch wesentliche geistliche Impulse für ihr ganzes Leben.

Mit Anton Schulte wurde Anfang der 60er Jahre in Wetzlar unter der Mitarbeit der Ev. Allianz eine große Zeltevangelisation durchgeführt. Dort spielte auch Peter van Woerden, einer der bekanntesten Musiker in dieser Zeit.
Klaus Loh erinnert sich: „Peter van Woerden stand oft mit seinem Wohnwagen – und seiner ganzen Familie – neben unserem Gemeindesaal. Er war ja Holländer, wohnte in der Schweiz, konnte dort aber keine Daueraufenthalts- genehmigung bekommen, weil sein Beruf als Musiker damals noch nicht ein entsprechendes gutes Image hatte. Er musste daher regelmäßig die Schweiz für einige Wochen oder Monate verlassen.
In Wetzlar arbeitete er dann im Verlag bei der Produktion von Schallplatten mit – und natürlich hat er dann auch oft in unserer Gemeinde gespielt! Die Hammond-Orgel, auf der er ein wahrer Künstler war, existiert heute noch und wird auf unserem Festwochenende am 4./5. September 201 0 zu hören sein.“
Obwohl gerade durch das starke missionarische Engagement die Gemeinde einen guten Weg eingeschlagen hatte, musste sie durch schwere Zeiten gehen. In den Jahren 1960/1961 verließen eine Reihe von Glaubensgeschwistern die Gemeinde, um dann die Evangelisch freikirchliche Gemeinde (Baptisten) zu gründen, die heute in der Elsa-Brandström-Straße in Wetzlar zu Hause ist.
Dank der Hilfe Gottes und seiner Barmherzigkeit konnte die Gemeinde wieder wachsen. Gott war nach wie vor mit uns!
Am 01.03.62 fing Pastor Francisco Robles mit der Mission für Süd-Ost–Europa den Dienst unter Spaniern in Deutschland an. Bald war zu erkennen, dass die größte Gruppe sich in Wetzlar traf. Dort wurde dann auch am 25.05.63, in den Räumen der Brüdergemeinde, die erste spanische Gemeinde in Deutschland gegründet.

Am 24.01 .79 nahm unser himmlischer Vater Pastor Francisco Robles in seine Herrlichkeit auf. – Heute sind wir dankbar, dass Maria und Ruth Robles zu unserer Gemeinde gehören.
Die spanische Gemeinde trifft sich bis zum heutigen Tag in den Räumen der Brüdergemeinde. Mittlerweile sind aber viele Spanier zurück gegangen und dafür viele Südamerikaner hinzu gekommen. Auch der derzeitige Pastor, den die Gemeinde anteilig selber finanziert, ist Südamerikaner.

1967 zog die Gemeinde in ein Gebäude im hinteren Teil des Grundstücks um – der Zugang war jetzt direkt von der Breitestraße aus.
Der Saal wurde auch für Schallplatten- aufnahmen des Verlages Schulte genutzt – und es gab noch einen zusätzlichen Raum dort, den „Papageiensaal“, in dem parallel zum Gottesdienst die Kinderstunde stattfand.
Einen zweiten Einbruch musste die Gemeinde in den Jahren 1 974 bis 1 976 erleben. Unterschiedliche Sichtweisen innerhalb der Ältestenschaft, dem Leitungsgremium der Gemeinde, sowie starke persönliche Unstimmigkeiten, führten zu schweren internen Problemen – und die Gemeinde war dadurch ziemlich deprimiert. Wie sollte es weiter gehen? Hat die Gemeinde überhaupt noch eine Chance? Diese Fragen stellte man sich in einer Gemeindeversammlung am 1 4. 1 2. 1 975, die anstelle des Gottesdienstes stattfand. – Aber trotz intensiver Beratungen konnte nicht verhindert werden, dass einige Gemeindeglieder, darunter auch Männer der Gemeindeleitung, mit ihren Familien die Gemeinde verließen.
Richard Straube erinnert sich:
„Es war im Jahre 1975. Unsere Gemeinde war in eine Krise geraten. Nun aber hatte sich eine Baptisten- Gemeinde in Wetzlar etabliert und viele ehemalige Gottesdienstbesucher wechselten nach dort. Auch leitende Brüder waren „abgewandert“. Unsere kleine Gemeinde schmolz sehr zusammen.
Da saßen wir nun bei Hermann Schulte im Wohnzimmer – sieben Brüder – und beratschlagten, wie es weitergehen könnte. Irgend jemand schlug vor, wir könnten doch unsere Gemeinde auflösen und uns alle der Baptisten-Gemeinde anschließen. Da widersprach Hermann Schulte vehement! Seine ganze ostfriesische Standhaftigkeit kam zum Ausdruck, als er sagte: „Das kann ich nicht! Ich kann nicht diese Gemeinde, zu der Gott ein Ja gegeben hatte, einfach aufgeben und woanders hingehen!“ Wir waren betreten, akzeptierten das Argument unseres Gemeindeleiters. Aber wir wussten keinen Rat.

Da kam mir – wohl dem jüngsten unter den Brüdern und erst seit 3 Jahren Mitglied in dieser Gemeinde – ein Gedanke: Warum sollten wir nicht die „Flucht nach vorne“ antreten! Ich äußerte: „Ich könnte mir vorstellen, dass wir gerade jetzt eine Evangelisation in unserer Gemeinde abhalten und auf diese Weise zu erkennen geben, dass wir noch da sind!“ Ich war mir klar darüber, dass wir uns in der augenblicklichen Situation nicht leisten konnten, einen bekannten Evangelisten von irgendwoher einzuladen. Wir mussten „auf kleiner Flamme kochen“. Und da wagte ich den Vorschlag, ich könnte die Abendvorträge halten. Ich hatte ja hier und da schon Jugendevangelisationen halten dürfen und äußerte nun zaghaft den Vorschlag, mich nun auch in der eigenen Gemeinde einzusetzen.
Nach einer Gebetsgemeinschaft geschah das Erstaunliche: Alle Brüder erklärten ihr Einverständnis !
Im Januar 1977 starteten wir eine Evangelisation – die erste nach langer Zeit in dem Gemeinderaum im Haus der Schulte’schen Druckerei in der Breitestraße. Wir hatten Handzettel gedruckt, luden ein, beteten. Und vom ersten Abend an waren die Versammlungen gut besucht (freilich auch von vielen Geschwistern aus anderen Gemeinden, die wohl mal schauen wollten, wie wir denn so über die Runden kommen).
Aber es kamen auch Fernstehende und das Wunder geschah, dass Jesus Menschen rief in seine Nachfolge – und sie Ja dazu sagten! Ein besonders markantes Erlebnis: Eine junge Frau, die seit Jahren am Alkohol hing und ihrer Familie damit viel Kummer bereitet hatte, ließ sich einladen, kam, hörte und lieferte ihr Leben Jesus
aus. Von da an trank sie keinen Tropfen Alkohol mehr. Sie wurde ein fröhlicher, offener Mensch, und setzte sich viele Jahre lang für die Belange unserer Gemeinde ein.
Auch nach ihrem Wegzug an einen anderen Ort wirkte sie auch dort weiter und ermutigte viele Menschen, Jesus nachzufolgen. Ihr persönliches Zeugnis war dabei nicht nur für ihren Mann, sondern auch für andere Menschen ein gutes Argument für die Kraft Jesu, der Menschen völlig verändern kann!“
Insgesamt wurden in 1978 von Richard Straube 14 Personen getauft und in die Gemeinde aufgenommen.

Klaus Loh berichtet:
„Ein Schlüsselerlebnis war für meine Frau und mich 1978 eine Reise mit der West-Europa-Mission (W.E.M.) und der bekannten Amerikanerin Joni Eareckson, die durch einen Badeunfall mit 17 Jahren querschnittsgelähmt wurde und nur noch Kopf und Nacken bewegen kann.
Hermann Schulte hatte die W.E.M. 1974 gegründet, weil er seit der Kriegszeit und seinen persönlichen Erlebnissen insbesondere in Frankreich damals immer den brennenden Wunsch im Herzen getragen hatte, den wenigen Christen in Frankreich irgendwie zu helfen. Durch die W.E.M. konnte das jetzt geschehen – man konnte einheimische missionarisch gesinnte Christen unterstützen.

Die Tournee mit Joni Eareckson durch die Schweiz und Deutschland sollte Christen motivieren, aus Dankbarkeit sich für Christen in anderen Ländern zu engagieren.
Es hat meine Frau und mich enorm beeindruckt, wie sich die damals 27 jährige Joni Eareckson jeden Abend fröhlich auf die Bühne fahren ließ, um den Zuhörern zu erzählen, wie dankbar sie Gott gerade in ihrer äußerst schwierigen Lebenssituation ist! – Das hat uns angeregt, doch auch in unserer schwierigen Gemeindesituation einfach anzufangen, für unsere Gemeinde zu danken und Gott zuzutrauen, dass er die Gemeinde wieder aufbauen wird!“
Damals trafen sich über eine längere Zeit verantwortliche Brüder jeweils morgens um 6.00 Uhr zum Gebet in der Gemeinde.
In Wetzlar konnte Joni Eareckson im Juni 1978 auf ihrer Tournee in der Aula der Goetheschule Station machen – so dass auch viele Gemeindeglieder ihre mutmachenden Ausführungen miterlebten. Von da an fingen immer mehr Gemeindeglieder an, für die Gemeinde zu danken – und das wurde von Gott bestätigt.
Noch 1978 konnten als Ergebnis der Evangelisation mit Richard Straube Menschen getauft und in die Gemeinde aufgenommen werden.
Gott war mit uns und schenkte uns Gemeindewachstum!


Viele missionarische Veranstaltungen folgten. So z.B. im Jahre 1979 vom 29. 4. bis 8.5. eine Zeltevangelisation auf dem Haarplatz mit Pastor Manfred Priebe und Doris Loh – Wilfried Mann – Manfred Siebald und dem Wetzlarer Jugendchor unter Margret Birkenfeld – und am 16. Juni in der Aula der Goetheschule ein Konzert mit dem Männerchor Derschlag und der Solistin Doris Loh.
Beide Veranstaltungen wurden gemeinsam mit der Baptistengemeinde durchgeführt – auch ein Zeichen für ein gutes Verhältnis zwischen den nunmehr zwei Evangelisch freikirchlichen Gemeinden in Wetzlar.


In dieser Zeit begann man auch, in jedem Sommer die Möglichkeit einer Matinee im Rosengärtchen, der Freilichtbühne in Wetzlar, zu nutzen. Die Stadt, insbesondere der damalige Kulturdezernent, zeigte großes Interesse an einer christlich- musikalischen Veranstaltung – und die Wetzlarer Bevölkerung war zahlreich vertreten (bis zu 1.400 Besucher konnte man zählen).
Eine weitere Möglichkeit, in die Öffentlichkeit hinein zu wirken, waren die Freiversammlungen, die jeden Freitag auf dem Eisenmarkt in Wetzlar stattfanden. Vor allem Richard Kriese setzte sich dort stark ein. Es gab jeweils ein musikalisches Programm und eine Ansprache – und nicht selten konnte man dann mit Zuschauern bzw. Zuhörern ins Gespräch kommen.
Und dann kam das ereignisreiche Jahr 1980. Der Gemeindesaal in der Breitestraße musste geräumt werden, weil diese Fläche jetzt anderweitig gewerblich genutzt werden sollte.
Aber wo konnte man ein neues Zuhause finden?
Nach der Prüfung verschiedener Möglichkeiten entschloss man sich, ein Grundstück in der Hermannstraße in Dalheim zu erwerben. Die Firma Csordas, eine Stickerei, bot ihr dortiges Firmengebäude zum Verkauf an – ein Bürogebäude und eine separate Fabrikationshalle.






Die Einweihung des neuen Gemeindezentrums am 24. 8. 1980 wurde mit einer Reihe von öffentlichkeitswirksamen Sonderveranstaltungen verbunden, die die Gemeinde, vor allem aber Jesus Christus bekannt machen sollten.
Vormittags um 11 Uhr fand eine Matinee auf der Wetzlarer Freilichtbühne „Rosengärtchen“ statt.
Nachmittag um 15 Uhr gab es eine Festversammlung, in der gleichzeitig das 70 jährige Bestehen der Gemeinde gefeiert wurde.
Hauptredner war Edmund Spieker, der während seiner Zeit beim ERF mit seiner Frau Marli zu unserer Gemeinde gehörte (Marli Spieker ist heute auch als Gründerin des Projektes „Hanna“ bekannt).



Gott hatte die Frage „Wo finden wir ein neues Zuhause für die Gemeinde?“ erstaunlich gut gelöst und wir konnten nur dankbar feststellen:
Gott war mit uns!
In die einsetzende Aufwärtsentwicklung traf die Gemeinde eine schlimme Nachricht: Hermann Schulte, der Gemeindeleiter, war von einer schweren Krankheit erfasst worden. In großem Vertrauen auf die Gnade Gottes „bestellte er sein Haus“.
1982 schlug er in einem ergreifenden Gottesdienst Klaus Loh als seinen Nachfolger vor – und die Gemeinde stimmte diesem Vorschlag zu.
Am 28.4.1983 rief Gott Hermann Schulte in die Ewigkeit zu sich – und knapp ein Jahr später (12.2.1984) dann auch seine Frau Anna.
Hermann Schulte hat die Gemeinde stark geprägt. Sein missionarisches Engagement, seine unerschütterliche Treue zur Bibel, seine beständigen Gebete für die Gemeinde waren eine wesentliche Grundlage für die geistliche Entwicklung – dazu kamen die vielen Kontakte, die er aufgrund seiner Verlagstätigkeit und seinen Verbindungen zum ERF und der W.E.M. hatte und durch die auch unsere Gemeinde immer wieder befruchtet und gesegnet wurde.
Wir sind Gott dankbar für ihn und seinen Einfluss auf die Gemeinde!
Die Folgejahre waren reich angefüllt mit vielen Aktivitäten – immer mit dem Ziel, Menschen mit Jesus bekannt zu machen und die Gemeinde geistlich zu stärken.
Die Folgejahre waren reich angefüllt mit vielen Aktivitäten – immer mit dem Ziel, Menschen mit Jesus bekannt zu machen und die Gemeinde geistlich zu stärken.
Kann man der Bibel überhaupt noch glauben oder hat die Wissenschaft inzwischen die Bibel widerlegt? Zu diesem Thema konnten wir interessante Veranstaltungen durchführen, so z.B. 1 984 ein „Streitgespräch“ in der Aula der Goetheschule Wetzlar mit Prof. Siegfried Scheerer (Wort und Wissen) und Oberstudienrat Harald Matlach von der Goetheschule unter der Leitung von Prof. Bertsch von der FU Hagen – eine hochkarätige Besetzung – und 750 Schüler und Lehrer verfolgten gespannt die Diskussion um den Wahrheitsgehalt des biblischen Schöpfungsberichtes bzw. den Anspruch der Evolutionslehre.
Weitere Vorträge zu dieser Thematik in unserem Gemeindehaus, in der Aula der Kestnerschule und in der Stadthalle Aßlar von Prof. Dr.-Ing Werner Gitt (Direktor an der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt in Braunschweig) fanden in der Öffentlichkeit große Resonanz.


Manche dieser Veranstaltungen konnten wir im Rahmen der Ev. Allianz Wetzlar durchführen.
Aber auch unsere Gemeinde selbst wurde durch ihn motiviert und gesegnet
(z.B. durch seine Ausführungen über „Gehirn und Geist“ und „Jesus, Herr über Raum und Zeit“ und manche anderen Vorträge).
Regelmäßige Gästegottesdienste gehörten zum festen Programm der Gemeinde. Immer wieder konnten so Menschen in unser Gemeindehaus eingeladen werden, um dort in unterschiedlichsten Weisen die „Frohe Botschaft“, das Evangelium von Jesus Christus zu hören.

Einige wenige Beispiele aus den 80er Jahren:
22.5.1983 9.45 Uhr mit Klaus Gerth
“Die Kraft des Glaubens in einer Welt voller Angst“ – Musik: Doris Loh und der Gemeindechor
6.5.1984 9.45 Uhr mit Richard Straube „Resignation – Nein Danke!“ und dem Gemeindechor
16.4.1989 9.45 Uhr mit Richard Kriese und dem Gemeindechor.
Dazu kamen evangelistische und gemeindefördernde Vortragsabende, z.B.
18.3.1984 bis 22.3.1984 mit Pastor Helmut Schneider, Köln „Das bewegte Leben des Petrus“
11.2.1988 bis 14.2.1988 mit Pastor Gustav Adolf Pötz, Fürstenfeldbruck „Auf der Suche nach Geborgenheit – Freude – Sinn – Gott“

In 1982 kamen Wolf-Dieter und Antje Kretschmer in unsere Gemeinde.
Sie übernahmen die Jugendarbeit (bis 1988), und Antje wurde dann 1990 Leiterin der Kinderarbeit (Sonntagschule).
In den Jahren vorher war diese Aufgabe zunächst von Margret Birkenfeld und Johannes Osberghaus wahrgenommen worden, dann von Maria Schulte (1975 – 1986) und schließlich von Marion Loh (heute Marion Holthaus).
Antje Kretschmer konnte 20 Jahre lang ihre große Begabung, mit Kindern umzugehen und immer wieder neue Aktionen durchzuführen, in diesen wichtigen Gemeindebereich einbringen.

Insbesondere die jährlichen Weihnachtsfeiern wurden sehr oft unter der Leitung von Antje Kretschmer von den Kindern gestaltet und zogen immer wieder viele Besucher in unsere Gemeinderäume.
1984 wurde eine Frauengruppe gegründet, die regelmäßig Referentinnen von außerhalb einlud, z.B.
Renate Menneke zum Thema „Indien, Ziel aller Hoffnungen?“ Freitag, 22.4.1988 19.30 Uhr oder
Ruth Debus mit dem Thema „Christus im Alltag der Frau“ Freitag, 3.10.1988 19.30 Uhr oder
Linda Karbe, Pohlheim: „Unser Familienleben pulsiert“ Freitag, 10.12.1992 19.30 Uhr.

Von 1987 bis Ende 1991 konnten wir Stephan Holthaus zu unserer Gemeinde zählen (heute Dr. Stephan Holthaus, Dekan der FTH Gießen und Leiter des Instituts für Ethik und Werte). Er setzte sich sehr erfolgreich in der Jugendarbeit ein.

So konnte z.B. 1990 die Teestube „Moment’ mal“ besonders für gemeindefremde Jugendliche gegründet werden.
In dieser Zeit kamen auch weitere FTA- Studenten zu uns. Klaus Loh erinnert sich: „Meine Frau hatte für sonntags oft ein reichhaltiges Essen vorbereitet – und wenn wir dann die FTA-Studenten und andere Jugendliche zu uns zum Essen nach dem Gottesdienst eingeladen habe, waren wir schon mal 10 bis 15 Personen am Mittagstisch.
Es wurde (zum Teil viel) gegessen – und dabei gab es sehr interessante Diskussionen über alle möglichen Themen.
Mit hat das immer Freude gemacht, zumal ich in der Schule als Lehrer gerade im Fach Religion mit älteren Schülern solche oft sehr kontroversen Dispute kannte. Das regte auch immer wieder dazu an, den eigenen Standpunkt und die Gründe dafür zu überprüfen, denn unser Glaube an Jesus und in die Vertrauenswürdigkeit der Bibel lassen sich ja durchaus begründen!“
Am 22. September 1996 wurden Alexander und Regine Loh mit ihrer Tochter Jennifer in einer Festversammlung in der Stadthalle Aßlar nach Madagaskar ausgesandt.
Alexander arbeitete dort bis März 1999 als Buschpilot für MAF (Mission Aviation Fellowship). Die Gemeinde unterstützte ihn auch finanziell sehr stark.


Ende der 90er Jahre war die Zahl der Gemeindeglieder bis auf fast 120 angestiegen. So überlegte man, ob sich vielleicht ein größeres Gebäude an einem anderen Standort finden würde – aber ein schon fest ins Auge gefasste Objekt in Aßlar scheiterte an dem Widerstand der örtlichen Behörden. In den nächsten Jahren musste man dann sich auf eine vielleicht doch mögliche Erweiterung des bisherigen Gebäudes konzentrieren.
Durch die Zustimmung des Nachbarn zu einer Grenzbebauung konnten dann tatsächlich Umbaupläne von unserem Architekten Lothar Kieper entworfen und schließlich auch realisiert werden.



Die WNZ berichtete über dieses Ereignis –
und dass wir als Gemeinde diese Umbau- und Erweiterungsmaßnahmen überhaupt durchführen konnten, das können wir nur der Hilfe unseres großen Gottes verdanken!
Gott war mit uns!
Im Jahr 2001 führten wir das Jesus-Film-Projekt von Campus für Christus durch. Viele Jesusfilme konnten in unserer Umgebung verteilt werden – und Reinhard Lorenz erläuterte interessierten Besuchern während der
Gästeabende vom 3. bis 5. Mai 2001 die Person Jesu und seine Bedeutung für uns heute.

Ab 2003 hatten wir wieder einen hauptamtlichen Mitarbeiter, Nils Fastenrath, Absolvent der FTA Gießen. Er übernahm die Jugendarbeit, setzte sich zusammen mit seiner Frau für die Teenies ein, war für die Organisation der Gottesdienstleitung zuständig, übernahm Predigtdienste und kümmerte sich um die Förderung (und das Auffinden) von Mitarbeitern – er wurde unterstützt durch Gudrun Müller, die sich bereits in der Kinder- und Teenie-Arbeit engagiert hatte und dann auch für eine Zeit in der Jugend mitarbeitete.
Die Einführungs- predigt hielt der Dekan der Freien Theologischen Akademie (heute Hochschule) Dr. Stephan Holthaus, der selbst einige Jahre in unserer Gemeinde mitgearbeitet hatte. Der Einführungsgottes- dienst wurde von den Teens musikalisch mitgestaltet.


Nils Fastenrath organisierte ab 2008 (zusammen mit anderen, z.B. Claus-Dieter Lindermann) ein Straßenfest in der Hermannstraße unmittelbar an unserem Gemeindehaus.
Wichtige Veranstaltungen sind auch jeweils die besonderen Gottesdienste an Karfreitag und an Heilig Abend. Hier können wir oft Menschen begrüßen, die sonst wenig oder keinen Kontakt mit unserer Gemeinde haben.

Auch bei der Gestaltung des jährlich stattfindenden Himmelfahrtsgottesdienst (von der Ev. Allianz verantwortet) konnten wir musikalische Beiträge leisten.


Ortsgespräche – mit dieser Veranstaltungsreihe unter der Federführung von Wolf-Dieter Kretschmer wollten wir besonders gemeindefremde Menschen einladen. Dazu konnten wir einige kompetente Redner gewinnen, so z.B.
2005 Dr. Giudici mit „Der Preis des Geldes – Wege zur finanziellen Freiheit“, 2006 Rolf-Dieter Wiedenmann mit dem Thema „Sympathisch reden kann man lernen“, 2007 Prof. Dr. Assmann aus Dresden mit „Antworten für Sinnsucher – Einsichten eines Informatikers“, 2008 Dr. Stephan Holthaus mit „Werte geben Orientierung“.
Dr. Giudici: „Die Philosophie der Aufklärung hat den Glauben an die Ewigkeit entfernt. Wenn man die Ewigkeit wegnimmt, dann muss man das Paradies auf Erden schaffen. Man hat keine Zeit mehr (es bleiben einem ja höchstens 80 Jahre) – und das bedeutet Stress!“
Sehr interessant war auch ein Abend mit einem ehemaligen islamischen Hodscha, der über seine Erfahrungen mit Jesus sprach – der Abend wurde zusammen mit der Alevitischen Gemeinde Wetzlar durchgeführt (März 2005).
Ausstellungen
Zwei große Ausstellungen konnten wir in unseren Räumen der Öffentlichkeit präsentieren:
Im September 2006 die Ausstellung „Weltreligionen“ und
im September 2009 die Bibelausstellung – beide konnten wir von der Arbeitsgemeinschaft der Brüdergemeinden ausleihen und jeweils über eine Woche lang zeigen.


Als Besucher konnten wir eine ganze Reihe von Schulklassen, Jungschar-, Konfirmanden-, Teenie- und Jugendgruppen begrüßen. Die professionelle Darstellung der verschiedenen Weltreligionen bzw. der Entwicklung der Schrift, die Entstehung der Bibel und vieler interessanter Informationen hat viele sehr beeindruckt.
Zur Bibelausstellung gehörte auch eine „Gutenberg“- Druckerpresse, die hier von Uli Grawitter bedient wurde.
In einer Kreativgruppe konnten die Kinder selbst etwas basteln – hier mit Antje Kretschmer und Inge Heide.

Im Frühjahr 2008 entschloss sich die Frauengruppe, anstelle des Frauentreffs am Freitag Abend eine neue Veranstaltungsform zu probieren – das Café +.
Man lädt in Abständen donnerstags nachmittags um 1 5 Uhr ein, bietet zunächst eine Zeit für Gespräche, Austausch, Gemeinschaft bei Kaffee und Kuchen (und Schnittchen) an, um dann als + ein besonderes Programm zu gestalten.
Am 7.8.2008 fand das erste Café + statt – das besondere
Programm war damals Heino Welscher (ERF) mit Ausführungen
zum Thema „Neues Land gewinnen“. Auch musikalisch wird jedes Mal ein „Programm“ geboten, an dem Beate Pfründer mit ihren vielseitigen Begabungen einen wesentlichen Anteil hat.


In Abständen von etwa zwei Monaten folgten Veranstaltungen mit sehr unterschiedlichen Angeboten, so berichtete z.B. Miluscha aus ihrem Leben, Windwood & Co gestalteten ein musikalisches Erzählkonzert über Luther, es gab einen Vortrag über das Internet, einen Nachmittag mit Kaffee, Kuchen und Folklore u.a. mit Karl- Heinz Schäfer und seiner Konzertzither, ein Vortrag von Angela Werth („Wurzeln, aus denen wir leben“), Adventsgeschichten, hilfreiche Tipps von dem Rhetorik- Fachmann Rolf-Dieter Wiedenmann (ERF) zum Thema „Nie wieder sprachlos – kontern mit Charme und Liebe“, ein Nachmittag mit Beate und Johannes Pfründer über Chile („Indianer, Wüste und Vulkane“) – und schließlich ein Vortrag von Dr. Stephan Holthaus („Werte: Was unser Land wirklich braucht“).

Im Rahmen der Jugendarbeit fanden eine ganze Reihe von Aktionen statt, so z.B. die Teilnahme an einem Kickerwettbewerb im Wetzlarer Forum.
Als regelmäßige Veranstaltung konnten in den letzten Jahren in Abständen Jugendgottesdienste gestaltet werden, die unter dem Namen re:fresh bekannt wurden.
So manche jungen Leute, die normalerweise nicht in unseren Jugendtreff kommen, konnten so die gute Nachricht von Jesus hören.
Unterstützt wurden die Ansprachen von Nils Fastenrath durch eine Theatergruppe und durch die Band.


Fußballspiele wurden in die Gemeinderäume übertragen – und bei der Durchführung von Jesus House waren die jungen Leute aktiv dabei.
Von Anfang an war unsere Gemeinde auch bei den ProChrist-Veranstaltungen, die im Rahmen der Evangelischen Allianz in Wetzlar übertragen wurden, dabei.
Eine besondere missionarische Aktion sind die Haus- zu-Haus Einsätze. Regelmäßig gehen einige Gemeindeglieder „von Haus zu Haus’“, um Menschen zu befragen und heraus zu finden, ob man bereit ist, über Glaubensdinge zu reden. Damit werden Kontakte in die Nachbarschaft hergestellt, Einladungen zu besonderen Veranstaltungen ausgesprochen und es ergeben sich immer wieder Gelegenheiten, über zentrale Lebensfragen zu sprechen.

Nach langen Jahren konnten wir am 5.7.2009 wieder ein Ehepaar in die Außenmission verabschieden:
Mandy und Mathias Glass. Mathias arbeitet als Pilot für MAF in Papua Neuguinea und Mandy wird ihre Erfahrungen als Mitarbeiterin der Deutschen Fernschule in Wetzlar dort nutzen, um tatkräftig dabei zu sein, Menschen zu helfen und sie mit Jesus bekannt zu machen.

Abschluss
Gott war in den vergangenen 100 Jahren mit uns – dafür danken wir ihm von ganzem Herzen!
Er war mit uns und ist mit uns, weil sich Menschen von Gott in seinen Dienst rufen lassen und treu bleiben!
Ohne Dich, ohne Euch ist Gemeinde nicht möglich, aber mit Euch ist es ein Stück „Himmel auf Erden“! Gott segne unsere Bauarbeiten an seiner Gemeinde!